Chalkis (Χαλκίς), Euripos (Εὔριπος)
End 31.12.1499
Properties
| ID | 124792 |
|---|---|
| System Class | Place |
| Place | Urban Settlement |
| Case Study | TIB 1 |
| Administrative unit | Greece |
Description
an der gleichnamigen Meeresenge, durch das Herantreten der Insel Euböa an das böotische Festland gebildet, etwa 28 km nö. von → Thēbai, Zentraleuböa
Hist.: Antiker Name Chalkis bis zum 6./7. Jh. in Verwendung, später lediglich als klassitzistische Benennung; Übertragung des Namens der Meerenge auf die Stadt wahrscheinlich seit Einrichtung des Themas Hellas, als Euripos der zum Verwaltungssitz → Thēbai gehörige Flottenstützpunkt (mit Arsenal) und Sitz von Hafenbehörden wurde (ἄρχων Χρήπου, ἀβυδικὸς τοῦ Χρεποῦ; Chrēpu vielleicht als verkürzte Form, etwa von Ch[alkidos Eu]ripu? — Vor 1204 eine dem Thema untergeordnete Verwaltungseinheit horion Thēbōn kai Euripu nachweisbar). Ein Bistum Euboia belegt auf dem Konzil von Nikaia 325, etwa ab Mitte 5. Jh. unter dem Namen Chalkis, spätestens seit 869/70 unter dem Namen Euripos, als 1. Suffragan von → Athēnai. Etwa 871 vergeblicher Flottenangriff des Emirs Esman von Tarsos auf die damals von einem Mauerring umgebene Stadt; ebenso erfolglos eine venez. Flotte, die 1171 die Stadt belagerte und z. T. (die Vorstadt mit dem Venezianerviertel ?) niederbrannte. Bereits seit dem 1. Byz. Handelsvertrag mit Venedig (1082) hier eine venez. Handelsniederlassung, die wohl bis 1204 durchgehend existierte. Im 12. Jh. fand Benjamin von Tudela eine jüd. Gemeinde (200 Seelen) vor, die auch spätbyz. nachweisbar ist; er hob die internationale Handelsbedeutung der Stadt hervor. Auch Idrisi schilderte die Umgebung von Igribus als fruchtbar und reich. Ende 1204 Übergabe an die Kreuzfahrer (unter Bonifaz von Montferrat), die auf der Felsklippe mit Euripos ein Fort bauten; fränk.-venez. Name der Stadt (und in der Folge der gesamten Insel ab 13. Jh. durch Verballhornung und Fehletymologie von Euripos Negroponte (mit zahlreichen Namensvarianten). Bei der Aufteilung Euböas bleib die Stadt ungeteiltes Eigentum der Dreiherren Euböas, Venedig, erhielt (weiterhin) ein Stadtviertel (la Lambardia). Der Bischof von Euripos, Theodōros, leistete (offenbar im Einverständnis mit seinem griech. Vorgesetzten) den Obödienzeid und konnte daher im Amt bleiben, seine Nachfolger freilich waren dann Lateiner (Suffragane d. latein. Erzbischofs von Athen). Das latein. Bistum spätestens seit 1314 mit dem latein. Patriarchat von Kpl. junktimiert. Von griech. Seite bereits zwischen 1256 und 1282 (im Zuge der zweitweisen militärischen Wiedergewinnung Euböas) Anhebung zur Mētropolis, was zunächst ohne Folgen blieb; 1366 Verwaltung der Metropolen Athen und Euripos dem Mönch Neophytos überantwortet, doch wurde die griech. Priesterschaft wohl auch weiterhin durch einen Prōtopapas geleitet; zwischen der türk. Eroberung und 1474 endgültige Einrichtung der Metropole (Suffragane → Ōreos, → Karystos, → Prothmos, → Aulōn und Kanalia). Ab der 1209 erfolgten Belehnung der Dreiherren von Euböa durch Venedig schrittweise Vergrößerung des venez. Machtbereichs durch Ausdehnung des Stadtviertels und Übernahme des Brückenforts im Euripos (1256); 1257/58 kurze Besetzung durch Truppen von Achaia und Rückeroberung durch die Venezianer. 1317 Eroberung der (gesamten ?) Stadt durch die Katalanen, die jedoch bald wieder vertrieben wurden. 1332 Plünderung der Umgebung durch Umur Paša und in der Folge (einmalige ?) Tributzahlung seitens des venez. Bailo; 1350 Plünderung der Umgebung, 1351 vergebliche Belagerung der Stadt durch die Genuesen, doch bedingen starke Schäden die Erneuerung der Festungslagen seitens der Venezianer. 1438/39 Besuch Johannes̕ VIII. auf der Hin- bzw. Rückfahrt vom Unionskonzil; 1458 Besichtigung des Euripos durch Mehmed II.; 1470 Belagerung u. Eroberung der Stadt durch die Türken. — Eine bewegliche Brücke aus Holz über den Euripis belegt im 6. Jh., die Existenz von Stadtmauern schon im 9. und 10. Jh.; erstmals Bau eines Kastells auf der Klippe durch die Franken 1204, Ausbau durch die Venezianer; bereits in mittelbyz. Zeit beide Häfen, n. und s. der Meerenge, (λιμένες Εὐρίπου) in Benützung. — Neben dem Stadtnamen die sprichwörtliche Bedeutung von Euripos für Unbeständiges immer geläufig.
Mon.: Fund eines Fußbodenmosaiks (8 x 9 m) von unbestimmbarem Bauwerk mit figuralen und pflanzlichen Darstellungen, datiert 1. Hälfte 5. Jh. — H. Paraskeuē (ma. Marienkirche), dreischiffige Holzdachbasilika mit je vier Säulen und einem Pfeiler beiderseits, in ihren Grundzügen in theodosianische Zeit datiert; vielleicht Ausbau im 12. Jh. (die diesbezügliche Inschrift aber eher zum → Panagia Peribleptos-Kl. bei → Politika gehörig), starke Gotisierung im 13. Jh. — Die venez. Stadtmauern samt Toren und das Brückenfort auf einer Felsklippe im Euripos (mit seinerner Bogenbrücke zum böotischen Festland und hölzerner Ziehbrücke zur Insel) im 19. Jh. vernichtet, aber in Grundzügen rekonstruierbar. — Die venez. Stadtwasserleitung führte von einer Quelle des Lilas-Flusses bei → Mistros über das Lilas-Tal (→ Lilanto) u. → Phylla nach Dokos, von wo sie die Stadt erreichte; erhaltene Reste der Wasserleitung: an der Straße Dokos — Chalkis zwölf Pfeiler sowie Mauerreste (insgesamt auf 2,3 km kontrollierbar); am ö. Stadtrand von Chalkis (Stadtviertel Chilidonia) elf Bogen zur Gänze und drei weitere Pfeiler.